Die Landesausstellung „Typisch Franken?“ stellt Franken in Frage
Ansbach – Die Landesausstellung „Typisch Franken?“, veranstaltet vom Haus der Bayerischen Geschichte, findet vom 25. Mai bis 6. November 2022 in der Orangerie im Hofgarten der Markgrafenstadt Ansbach statt. Die Landesausstellung soll laut Veranstalter zeigen, „was Franken ausmacht und prägt.“ Für mich stellt die Landesausstellung zumindest unterschwellig Franken in Frage.
Ich hatte die Ausstellung Mitte Juli besucht und sie hat mir damals bis auf ein paar Kleinigkeiten eigentlich ganz gut gefallen. Die Exponate sind durchaus gut gewählt und erklärt. Sie fallen natürlich auch sofort ins Auge. Aber je genauer ich jetzt mit Abstand die Aufmachung der Ausstellung betrachte, umso kritischer sehe ich sie nun. Ich werde den Eindruck nicht los, dass man – so paradox es vielleicht klingen mag – den Franken mit dieser Landesausstellung zumindest unterschwellig eine eigene Identität absprechen will. Folgende Dinge haben mir nicht gefallen.
Das Fragezeichen im Titel „Typisch Franken?“
Das Fragezeichen soll nach Projektleiter Dr. Reinhard Riepertinger, einem waschechten Oberbayern ohne familiären Bezug zu Franken, „neugierig“ machen. Für mich wird hier schon das erste Mal Franken als Ganzes unterschwellig in Frage gestellt. Eine Landesausstellung mit dem Namen „Typisch Oberbayern?“ wäre undenkbar. Dort würde ein mia-san-mia-strotzendes Ausrufezeichen keinerlei Diskussionen zulassen. „Typisch Oberbayern!“ und damit basta. Selbstredend, dass ein waschechter Franke als Projektleiter einer Landesausstellung „Typisch Oberbayern!“ für Oberbayern unzumutbar wäre.
Das permanente Hervorheben der regionalen Unterschiede
Der Gang durch die Ausstellung gleicht einer Reise durch Franken mit seinen regionalen Besonderheiten – allerdings bitteschön immer deutlich aufgeteilt in die drei fränkischen Regierungsbezirke. Die fränkischen Teile außerhalb des Bundeslandes Bayern kommen nicht vor. Stattdessen wird permanent auf die regionalen Unterschiede statt auf Gemeinsamkeiten hingewiesen. Diese dienen offensichtlich dazu, einen bestimmten Eindruck zu erwecken, wenn nicht sogar zu vermitteln: Ein Franken gibt es nicht.
Das Leugnen der Beutekunst
Nach Betreten des zweiten Raums befindet sich versteckt in einer Ecke ein kleines Arrangement aus drei Flachbildschirmen mit dem Wort Beutekunst. Um mehr zu erfahren, muss man einen blauen Knopf drücken, um eine kleine Präsentation zu starten. Darin erklärt Prof. Dr. Günter Dippold, Bezirksheimatpfleger von Oberfranken, dass es gar keine Beutekunst gibt, sondern dass der „Transfer von Kunstwerken die Folge von politischen Umwälzungen“ war.
„Transfer von Kunstwerken“ – ich fasse es nicht! Diese Wortwahl von einem fränkischen Bezirksheimatpfleger. Framing at its best. Für mich ein klarer Fall von „Wes Brot ich ess, des Lied ist sing.“
Die weiß-blauen Rauten im Audioguide
Begleitend zur Ausstellung kann man einen Audioguide ausleihen. Es sind die Sprachen Deutsch, Englisch und Fränkisch auswählbar. Der spätestens durch den Franken-Tatort bekannt gewordene Kabarettist Matthias Egersdörfer steuerte dabei den fränkischen Teil im besten Nürnberger Dialekt bei. Wenn man allerdings in den Genuss seiner Ausführungen kommen möchte, muss man sich überwinden und Wittelbacher Rauten anwählen.
Darauf angesprochen antwortete Projektleiter Dr. Reinhard Riepertinger: „… Uns ist erst nach Start der Landesausstellung aufgefallen, dass bei der Wahlmöglichkeit “Fränkisch” die weiß-blauen Rauten platziert waren. Eine Änderung des Signets bei allen Geräten ist nicht so einfach und sehr aufwändig, da dazu alle Geräte eingesandt werden müssten. Eine Änderung über eine Art “Fernwartung” ist nicht möglich. Wir nehmen daher bei Geräten, die aus Reparatur- oder Wartungsgründen ohnehin an die Audioguidefirma gesandt werden müssen, den Austausch der Rautenfahne vor.“
Ich lasse das jetzt einfach mal unkommentiert so stehen.
Apropos Vorliebe für Farben: Die Farben Blau und Weiß haben es den Machern der Ausstellung offensichtlich sehr angetan. Blau-weiße Fußspuren weisen den Weg vom Bahnhof durch den Hofgarten zum Ausstellungsort in der Orangerie.
Wenig Licht
Nach dem die Ausstellung Franken mehr oder weniger eine eigene Identität abspricht beziehungsweise nicht zugestehen will, gab es trotzdem etwas Licht, wenn gleich auch wenig. Die beiden Ausstellungsräume sind aus meiner Sicht im wahrsten Sinne des Wortes viel zu dunkel gehalten. Ich dachte erst, dass es ein Problem mit der Beleuchtung gibt.
Die Exponate sind teilweise beeindruckend. Höhepunkte für mich waren der 1954er WM-Final-Fußballschuh von Max Morlock sowie die goldüberzogene Radierplatte „Christus am Ölberg“ von Albrecht Dürer aus dem Jahr 1515.
Wer einfach mal einen Streifzug durch Franken machen will, dem ist die Ausstellung durchaus zu empfehlen.
Ich habe die Ausstellung ja damals auch mit einem guten Gefühl verlassen.
Wenn ich sie jetzt aber Revue passieren lasse, stößt mir vor allem eine Sache richtig auf. Nämlich, dass permanent ein unterschwelliger „Eigentlich-gibt-es-doch-kein-richtiges-Franken“-Ton mitschwingt.