Die Erlanger Bergkirchweih – das älteste Bierfest der Welt
Informatives und Unterhaltsames rund um das größte Volksfest in Franken
Die Erlanger Bergkirchweih ist nach eigener Aussage das älteste Bierfest der Welt. Sie geht auf das Jahr 1755 zurück und ist somit 55 Jahre älter als das Münchener Oktoberfest. Die Bergkirchweih zieht jährlich rund eine Millionen Besucher an und gilt damit als das größte Volksfest Frankens. Die Einheimischen nennen sie „Berchkerwa“ oder sprechen einfach nur vom „Berch“.
Entstanden ist die Bergkirchweih aus einem Schützenfest, dem „Vogelschießen“ der Erlanger Schützen. Daraus wurde erst der Pfingstmarkt, der wiederum auf Drängen der Kirche in eine Kirchweih umbenannt wurde. Das Festgelände wurde 1755 durch einen Stadtratsbeschluss von der Innenstadt auf das heutige Areal am Burgberg verlagert. Die Berchkerwa war geboren.
Durch den Burgberg zog sich ein Felsenkellersystem mit einer Länge von 20 Kilometern. In 16 Kellern wurde das Bier der Erlanger Brauereien nicht nur kühl gelagert, sondern -wie in Franken üblich- auch gleich ausgeschenkt. Es herrschten ideale Lagerbedingungen. Erlangen wurde dadurch zu einer bedeutenden Bierstadt und exportierte noch im 19. Jahrhundert mehr Bier als die Bierzentren München oder Kulmbach. Mit der Erfindung der Kältemaschine im Jahr 1876 war das Schicksal der Keller als Bierlagerstätte besiegelt. Die Bergkirchweih blieb bestehen. Führungen durch Teile des Gänge-Labyrinths sind heute noch möglich.
Freibier, Fassbegräbnis und Frankenfahne
Die Bergkirchweih beginnt immer am Donnerstag vor Pfingsten und endet elf Tage später an einem Montag. Traditionell sticht der Oberbürgermeister am Donnerstag um 17 Uhr das erste Fass an, das als Freibier an die durstigen Kehlen verteilt wird. Der Berg ist werktags von 10 bis 23 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 9.30 bis 23 Uhr geöffnet. Zum Abschluss der Bergkirchweih wird am Erich-Keller das letzte Fass Bier begraben und „Lili Marleen“ gesungen. Die Idee zu Lili Marleen als Abschiedslied hatte Irma Steinmüller, die 50 Jahre lang Festwirtin am Hofbräu-Keller war. Sie war auch die erste Festwirtin überhaupt am Berg. Während der fünften Jahreszeit werden die Linienbusse der Erlanger Stadtwerke mit einer Deutschland- und einer Frankenfahne geschmückt. Auch die Altstadt ist seit einigen Jahren rot-weiß beflaggt.
Das „T“ – der Orientierungspunkt auf dem Bergkirchweihgelände
Das Areal der Bergkirchweih lässt sich grob in zwei Sektoren aufteilen – links und rechts vom „T“. Das „T“ steht für die T-Kreuzung am Ende der Bergstraße, die direkt zum Bergkirchweihgelände führt. Das „T“ ist ein beliebter Verabredungstreffpunkt. Am „T“ angekommen, gilt es sich zu entscheiden: Links oder rechts.
„Links vom T“ geht es zu den Bierkellern. Man sitzt idyllisch unter freiem Himmel auf Bierbänken einer der verschiedenen Keller inmitten von Linden, Kastanien und Eichen. Der Entla’s Keller ganz im Westen ist übrigens der einzige Keller, der auch außerhalb der Bergkirchweih geöffnet hat.
Je nach Uhrzeit unterscheidet sich auch das Publikum am Berg. Bis in den Nachmittag geht es entspannt und familiär zu. Einheimische nutzen die Zeit, um sich bei mitgebrachter Brotzeit mit Bekannten auf einem der Keller zu treffen und zu unterhalten.
Spätestens ab 19 Uhr übernimmt das Partyvolk die Bierkeller. Es wird lauter und das Gedränge nimmt stündlich zu. Viele bereits vorgeglühte Jugendliche tummeln sich jetzt in oftmals billigen Dirndln und Lederhosen auf dem Gelände.
„Rechts vom T“ finden sich die Vergnügungs- und Fahrgeschäfte der Schausteller, wobei es auch dort ein paar kleinere Keller gibt. Allerdings ist das Platzangebot zum gemütlichen Verweilen deutlich geringer. Wem ein schnelles „Essen auf die Hand“ genügt, wird an einer der vielen Buden fündig. Der zweite Donnerstag ist immer Familientag. Viele Stände haben ein spezielles Kirchweihangebot und Fahrgeschäfte bieten Kindern und Familien vergünstigte Fahrten an.
In ihrer über 260-jährigen Geschichte hält die Bergkirchweih natürlich auch ein paar kuriose und amüsante Anekdoten parat.
„Die MP hat früher erschd amoll alla niedergegnübbeld und dann gfrachd, was los is“
Bis 1994 war die US-Armee in Erlangen stationiert. Die GI’s der Ferris Barracks nannten die Bergkirchweih auch „Strawberry Fest“ und waren nicht selten in Schlägereien verwickelt. Das fränkische Bier war für viele Amerikaner, die in ihrer Kaserne wohl nur „Light Beer“ gewohnt waren, oft zu stark. Die Military Police, kurz MP, hatte deshalb während der Bergkirchweih alle Hände voll zu tun. Sobald es unter den Soldaten zu „Meinungsverschiedenheiten“ kam, griff die MP alles andere als zimperlich ein. Die Schlagstöcke sprachen und erst danach wurde der Rauferei auf den Grund gegangen. Der Spruch „Die MP hat früher erschd amoll alla niedergegnübbeld und dann gfrachd, was los is“ lässt viele ältere Erlangerinnen und Erlanger noch heute zustimmend nicken und schmunzeln.
Bierkrugnachschub aus der Kaserne
Die ungewohnt großen Bierkrüge faszinierten die amerikanischen Soldaten. Sie waren das ideale Souvenir. Ende der 70-er Jahre waren die Krüge teilweise so rar, dass einige Wirte eine volle Maß Bier gegen ein paar leere Krüge tauschten. Der damalige Oberbürgermeister Dr. Dietmar Hahlweg schaltete sich im „Bierkrugnotstand“ ein und bat den Kommandierenden der Ferris Barracks um Unterstützung. Die Spinde der Soldaten sollten sich als reine Fundgrube erweisen und tags darauf lieferten US-Jeeps kistenweise Bierkrüge an die Erlanger Kellerwirte.
Brennende Scheiterhaufen aus Plastikkrügen
Nachdem sich der Bierkrugschwund nicht eindämmen ließ, zogen die Wirte 1979 die Reißleine und führten Plastikkrüge ein. Allerdings hatten sie die Rechnung ohne die Erlanger gemacht. Diese errichteten nämlich aus den Krügen Scheiterhaufen und setzten diese in Brand, so dass die Feuerwehr anrücken musste. Der Plastikkrug-Spuk hatte sogleich ein Ende.
Bergferien und Erlanger Dienstag
Bis in die 90er-Jahre gab es in der Universitätsstadt die sogenannten „Bergferien“ für Studenten. Man munkelte, dass ein geregelter Vorlesungsbetrieb mit übernächtigten und teils betrunkenen Studenten einfach nicht möglich war. Die Bergferien wurden 1999 abgeschafft. Die Hörsäle sind trotzdem auch heute noch während der Bergkirchweih ziemlich leer.
Der Erlanger Dienstag hat aber Bestand. Einige Firmen und Unternehmen geben ihren Mitarbeitern am Dienstag ab Mittag frei und schließen ihre Geschäfte. Auch Professoren, Universitätsangestellte und Studenten nutzen den vorlesungsfreien Dienstag. Gemeinsam pilgern sie auf den Berg und feiern zusammen.
Franken ist schon geil.